Karpaltunnelsyndrom (KTS)
Das KTS ist mit einer Prävalenz von 0.2-1% die häufigste Einklemmungs-Neuropathie. Neun Beugesehnen sowie der Nervus medianus ziehen durch den Karpaltunnel, welcher in seinem mittleren Anteil am engsten ist. Das KTS tritt auf, wenn der Nervus medianus z.B. durch das Retinaculum flexorum (Ligamentum carpi transversum) im Handgelenks komprimiert wird und führt zu charakteristischen nächtlichen Dysästhesien (70%). Gelegentlich entwickelt es sich auch weiter zu einem Verlust der Sensibilität und einer Schwäche der Daumenabduktion. Die Schmerzen können in den proximalen Arm ausstrahlen (40%). Der Zustand ist in der Hälfte der Patienten bilateral und tritt vermehrt in Berufen auf, die mit einem hohen Grad an Wiederholung und Kraftausübung assoziert sind (Fleischverpacker, Verpackung von Meeresfrüchten, Musiker).
Zeichen im körperlichen Untersuch, die auf ein KTS hinweisen:
Im KTS betrifft die Taubheit normalerweise den Zeigefinger, Mittelfinger und die radiale Seite des Ringfingers. Der Daumen ist seltener symptomatisch. Das Hoffmann-Tinel-Zeichen ist positiv, wenn ein Abklopfen des Nerves an der Stelle der Einklemmung Schmerzen und Disästhesien verursacht, welche in das distale sensorische Gebiet des Nervs ausstrahlen. Im KTS hat dieser Test eine Sensitivität von 50% und eine Spezifität von 77%. Der Phalen-Test ist positiv, wenn eine passive Handgelenksflexion von 90 Grad während 1 Minute Parästhesien im Gebiet des Nervus medianus hervorruft oder verstärkt. Es hat eine Sensitivität von 68% und eine Spezifität von 73% fürs KTS. Beim direkten Kompressionstest des N. medianus übt der Untersucher mit dem Daumen Druck auf den Karpaltunnel aus. Der Test ist positiv, wenn innerhalb von 30 Sekunden Schmerzen und Parästhesien auftreten. Ein kürzlich beschriebenes Zeichen, der volare Hotdog (Schwellung am Handgelenk auf der ulnaren Seite der Palmaris-longus-Sehne), wurde in über 90% der Patienten mit KTS gemeldet. Neben provokativen Manövern sollten auch Zwei-Punkt-Diskrimination (25% Sensitivität, 90% Spezifität), Greifkraft und Thenar-Muskel-Funktion und -Atrophie untersucht werden. Ultraschall und elektrodiagnostische Studien weisen eine Sensitivität von 85% und eine Spezifität von 95% für KTS auf.
Mit KTS assoziierte Krankheiten
- Fettleibigkeit
- Diabetes mellitus
- Schilddrüsenunterfunktion
- Schilddrüsenüberfunktion
- Akromegalie
- Schwangerschaft
- Amyloidose
- Hämodialyse
- Gicht
- CPPD / Chondrocalcinose
- Kollagenerkrankungen, wie rheumatoide Arthritis
- Vaskulitis der großen Gefäße wie Polymyalgia rheumatica
- Mukopolysaccharidose und Lipidose Infektiöse (auch tuberkuloide) Tenosynovitis
- Akzessorische Muskeln und Sehnen (-e.g. Reversed palmaris longus - Palmaris profundus)
- Persistierende A. mediana, Thrombose
- Lipom
- Ganglion
- Lipofibromatöses Hamartom (LFH)
- Einzelne verkalkte Knötchen
- malignes Fibroistiozitom
- Angiom
- Fibroma
- Synoviale Osteochondromatose
- Trauma
- Aussehen-ähnliche Zustände z.B. Schwannoma
Behandlungsoptionen fürs KTS:
Die nichtchirurgische Therapie besteht aus einer Vermeidung von repetitiven Handbewegungen, Aufstütz-Schienen der Handgelenke während der Nacht (und bei der Arbeit), kombiniert mit antiinflammatorischen Medikamenten. Eine ergonomische Beruteilung des Arbeitsplatz der Patienten kann ebenfalls von Vorteil sein. Bei Patienten mit Symptomen unter 6 Monaten verschafft eine lokale Kortikosteroid-Injektion in 80% der Fälle eine ausgezeichnete kurzzeitige Linderung. Zu den Indikationen für chirurgische Therapie (Zerteilung des Ligamentum carpi transversum) zählen ein Versagen der konservativen Therapie, Symptome, die den Lebensstil einschränken und Muskelschwäche oder -atrophie. Die Langzeitresultate der chirurgischen Therapie sind in über 75% der Patienten vorteilhaft. Zu einer kompletten Erholung der Nervenfunktion kommt es nur, wenn die Operation früh genug durchgeführt wird, bevor sich in der Elektromyografie / Nervenleitungsgeschwindigkeit Anzeichen einer Denervation zeigen.
Andere Einklemmungsstellen des Nervus medianus:
Das Kiloh-Nevin-Syndrom tritt auf, wenn der N. medianus, bzw. ein rein motorischer Anteil des Nervs, 6cm distal des lateralen Epicondylus komprimiert wird. Der resultierende Flexionsverlust des distalen Daumens und Zeigefingers führt zu einem charakteristischen verminderten Kneifzeichen (Unfähigkeit, ein "O" zu formen) mit normaler Sensibilität. Das Pronator-Teres-Syndrom tritt auf, wenn der Nervus medianus beim Pronator teres am Vorderarm komprimiert wird, und führt zu proximalen volaren Vorderarmschmerzen, welche durch Greifen und resistive Pronation des Vorderarms verstärkt werden. Die Patienten können Taubheit des Daumens und des Zeigefingers, Daumenschwäche und Schreibkrämpfe aufweisen.
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