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Zusammenfassung
Die Tendinitis calcarea, auch Peritendinitis calcarea oder Periarthropathia calcificans genannt, ist eine schmerzhafte Erkrankung der Schulter mit Kalkablagerungen in den Sehnen der Rotatorenmanschette und/oder der Bursa subdeltoidea/subacromialis.
Der genaue Entstehungsprozess der Kalkablagerungen ist noch nicht vollständig geklärt. Es wird jedoch behauptet, dass mehrere Faktoren wie lokale Ischämie, fehlerhafte Stammzelldifferenzierung oder eine Überlastung der Schulter einen Einfluss auf die Ansammlung von Kalkkristallen haben.
Am häufigsten ist die Infraspinatus- und die Supraspinatussehne (bzw. die dazwischen liegenden Schichten und Faszien) betroffen, was zu Impingement-ähnlichen Symptomen führt. Chronische Schmerzen bei Bewegung mit asymptomatischen Intervallen sowie nächtliche Schmerzen in der Schulter sind sehr charakteristisch für eine Tendinitis calcarea.
Der klinische Verdacht wird durch Röntgen- und Ultraschalluntersuchungen bestätigt, bei denen sich Kalkablagerungen als röntgendichte bzw. hyperechoische Strukturen darstellen.
Verschiedene Therapieansätze können individuell evaluiert werden. Diese bestehen aus: Lokalen oder systemischen NSAR, Physiotherapie, extrakorporaler Stoßwellentherapie, hochdosierter Magnesiumzufuhr, Slicing/Needling oder operativer Entfernung.
Die Tendinosis calcarea ist eine schmerzhafte Schultererkrankung, die mit einzelnen oder mehreren Kalkablagerungen in den Sehnen der Rotatorenmanschette oder im subacromialen/subdeltoidalen Schleimbeutel einhergeht.
Bis heute sind die genauen Mechanismen, die an der Pathogenese beteiligt sind, nicht geklärt. In mehreren Studien wird behauptet, dass eine Überbeanspruchung der Schulter oder eine lokale Ischämie zu degenerativen Veränderungen führt, die in eine dystrophische Verkalkung übergehen [1, 2], während neuere Forschungen einen komplexeren Prozess postulieren, der eine fehlerhafte Differenzierung von Tenozytenstammzellen beinhaltet [1]. Die letztere Theorie, die von Uhthoff et al. aufgestellt wurde, gilt als die Plausibelste, bei der eine Metaplasie von Tenozyten zu Chondrozyten die Ursache für die Verkalkung der Sehnen ist. Die Faktoren, die die Metaplasie verursachen, sind unbekannt.
Darüber hinaus wurden mehrere Risikofaktoren wie genetische Mutationen und endokrine Störungen identifiziert, die in Kombination das Risiko erhöhen könnten, an einer Tendinitis calcarea zu erkranken [3].
Basierend auf der Theorie von Uhthoff et al. kann die Tendinitis calcarea der Schulter in drei verschiedene Stadien unterteilt werden [1-5]:
- Präklinisches Stadium
- In den Sehnen der Rotatorenmanschette tritt eine Faserknorpelmetaplasie auf (in der Regel keine Symptome)
- Kalzifizierendes Stadium
- Das kalzifizierende Stadium kann weiter in drei verschiedene Stadien der Verkalkung unterteilt werden:
- Formatives Stadium: Ablagerung von Kalziumkristallen in der Sehne, vermittelt durch Chondrozyten (keine Symptome oder wiederkehrende impingementartige Schmerzen)
- Ruhestadium: ruhendes Stadium der Erkrankung, keine Entzündung oder Gefäßinfiltration (keine Symptome oder wiederkehrende impingementartige Schmerzen)
- Resorptionsstadium: Kalkablagerungen werden durch zellvermittelte Phagozytose absorbiert (akutes Auftreten von starken Schmerzen)
- Das kalzifizierende Stadium kann weiter in drei verschiedene Stadien der Verkalkung unterteilt werden:
- Postkalzifisches Stadium
- Umbau des Sehnengewebes durch Fibroblasten, erfolgt gleichzeitig mit der resorbierenden Phase des Kalkstadiums und wird durch die vollständige Regeneration der Sehne abgeschlossen (keine Symptome oder weniger starke Schmerzen)
Die Tendinosis calcarea ist eine vergleichsweise häufige Erkrankung, die üblicherweise Menschen im Alter von 30-60 Jahren betrifft und häufiger bei Frauen auftritt [3]. Es wurde festgestellt, dass etwa 3% der Bevölkerung asymptomatische Kalkablagerungen haben [5]. Die rechte Schulter ist im Allgemeinen häufiger betroffen [1], und 10-20 % der Patienten leiden unter beidseitigen Kalkablagerungen [2]. Am häufigsten sind die Supra- und Infraspinatussehne betroffen, die zusammen 90 % der Fälle ausmachen [2].
Generell korreliert die klinische Präsentation mit den verschiedenen histopathologischen Stadien. Die Patienten stellen sich normalerweise in der resorptiven Phase vor, da die Resorption von Kalkablagerungen mit plötzlich auftretenden, starken Schmerzen verbunden ist [4]. Aufgrund des akuten Auftretens und der Intensität der Symptome suchen die Patienten oftmals die Notaufnahme auf. Die Schmerzen in der Entstehungsphase sind in der Regel nicht vorhanden oder weniger stark und werden bei der Flexion der Schulter verstärkt empfunden [1, 4].
Das Vermeiden des Schlafens auf der betroffenen Schulter, eine Schonhaltung mit Innenrotation und ein eingeschränkter aktiver Bewegungsumfang sind weitere Anzeichen, auf die der Untersucher achten sollte [4].
Die Patienten berichten über Schmerzen, wenn sie den Arm hochheben. Typischerweise treten die Symptome in Intervallen mit völlig schmerzfreien Episoden und stärkeren Schmerzen in der Nacht auf, die nicht selten zu Schlafproblemen führen. Irgendwann verstärkt sich der Schmerz plötzlich (resorptives Stadium), insbesondere wenn auch die Bursa subacromialis betroffen ist [1].
Krankheitsspezifische Diagnose
Eine Tendinitis calcarea kann allein durch Anamnese und Untersuchung diagnostiziert werden. Einige Befunde könnten sein:
- Schmerzempfindlichkeit bei der Palpation der Rotatorenmanschette
- Positive Impingement-Tests (z. B. Neer, Hawkins-Zeichen)
- Eingeschränkte Bewegungsausmass, insbesondere bei Elevations- und Rotationsbewegungen
- Skapuläre Dyskinesie als Folge der Schonhaltung
Da die Kristalle röntgendicht sind, können verschiedene bildgebende Verfahren eingesetzt werden, um unklare Fälle weiter zu untersuchen oder den Ort der Kalkablagerungen zu bestimmen:
- Röntgen
- Die konventionelle anterior-posteriore Röntgenaufnahme in neutraler und nach aussenrotierter Position ermöglicht die Darstellung von kalkreichen Ablagerungen. Außerdem kann man die verschiedenen Stadien grob einschätzen, da Ablagerungen im formativen und ruhenden Stadium im Vergleich zum resorptiven Stadium meist deutlichere Ränder aufweisen [3, 4]. Diverse Versuche, radiologische Befunde zu klassifizieren, waren bisher nicht erfolgreich, da sie nicht gut mit der Symptomatik des Patienten korrelieren [3].
- Ultraschall
- Der Ultraschall hat einen hohen Stellenwert in der Diagnostik der Tendinitis calcarea, da mit Hilfe des hochauflösenden Ultraschalls nicht nur das Vorhandensein von Ablagerungen und das jeweilige Stadium, sondern auch kollaterale Rotatorenmanschettenrisse und Bursitiden dargestellt werden können. Bei richtiger Anwendung hat der US eine höhere Sensitivität und ist daher dem Röntgenbild überlegen [3].
- MRT
- Im Allgemeinen wird die MRT bei der Diagnose der Tendinosis calcarea nur selten eingesetzt, obschon sie von großem Vorteil sein kann, falls die vorherige Bildgebung nicht eindeutig ist oder Grund zu der Annahme besteht, dass gleichzeitig Risse der Rotatorenmanschette vorhanden sein könnten [3].
Bilder von Beispielfällen können auf Radiopedia gefunden werden.
- Frozen Shoulder
- Subacromiales Impingement
- Arthrose
- Primärer Riss der Rotatorenmanschette
- Parsonage-Turner-Syndrom
Hinweis: Da die Zahl der asymptomatischen Patienten vergleichsweise hoch ist, sollten zunächst andere Erkrankungen ausgeschlossen werden!
Die Erstlinientherapie besteht aus einem konservativen Ansatz, bei dem die Patienten mit lokalen oder systemischen NSAR behandelt werden und an einem Physiotherapieprogramm teilnehmen [3]. Die Verabreichung einer einmaligen hohen Magnesiumdosis hat sich in Einzelfällen als hilfreich erwiesen und sollte bei allen Patienten versucht werden. Da die Tendenz zur Spontanremission sehr hoch ist, sollten diese Maßnahmen immer den Grundstein der Behandlung bilden. Bleiben die Symptome bestehen, kann eine extrakorporale Stoßwellentherapie oder der Einsatz von ultraschallgeführtem Needling (UGN) evaluiert werden. Beide Verfahren sind in ihrem Outcome ähnlich. Studien haben jedoch gezeigt, dass die ESWT in den chronischen Stadien der Erkrankung und bei harten Verkalkungen wirksamer ist, während die Wirksamkeit der UGN in der akuten Phase und bei weichen Verkalkungen eine größere Rolle spielt [3, 4].
Bei Patienten, die nach einer Periode von 6 Monaten nicht auf eine konservative Behandlung ansprechen, sollte eine Operation in Betracht gezogen werden [4]. Eine Studie hat gezeigt, dass die chirurgische Entfernung von Kalkablagerungen besonders bei Patienten mit längerem Krankheitsverlauf und chronischen Schulterschmerzen wirksam war [4].
Wie bereits angedeutet, ist die Prognose der Tendinosis calcarea sehr günstig. In einer Studie wurde festgestellt, dass etwa 72% der Patienten, die sich einer Physiotherapie unterzogen und mit NSAR behandelt wurden, gute bis ausgezeichnete Ergebnisse erzielten [1, 3]. In einer anderen Untersuchung wurde festgestellt, dass etwa 10 % der Patienten aufgrund des Versagens der konservativen Behandlung schließlich chirurgisch behandelt wurden [4].
Trotz der allgemein guten Ergebnisse wurde in einigen Fällen über Komplikationen berichtet [6]:
- Adhäsive Kapsulitis
- Sehr schwer zu unterscheiden, vor allem in akuten Stadien der Erkrankung
- Risse der Rotatorenmanschette
- Studien haben gezeigt, dass bei Patienten mit Tendinitis calcarea 28 % gleichzeitig ein Riss der Rotatorenmanschette vorliegt [6].
- Osteolyse des Tuberculum majus (selten)
- Ablagerungen in der Nähe des Sehnenansatzes kann zu Kortikalisläsionen im Humeruskopf führen
- Ossifizierende Tendinitis (selten)
- Nur wenige Fälle nach operativer Entfernung von Kalkablagerungen
- Suzuki, Kentaro, Aaron Potts, Oke Anakwenze, and Anshu Singh. 2014. "Calcific Tendinitis Of The Rotator Cuff: Management Options". Journal Of The American Academy Of Orthopaedic Surgeons 22 (11): 707-717. doi:10.5435/jaaos-22-11-707.
- Chianca, Vito, Domenico Albano, and Carmelo Messina. 2018. "Rotator Cuff Calcific Tendinopathy: From Diagnosis To Treatment". Acta Biomedica 89: 186-196. doi:10.23750/abm.v89i1-S.7022.
- Merolla, Giovanni, Sanjay Singh, Paolo Paladini, and Giuseppe Porcellini. 2016. "Calcific Tendinitis Of The Rotator Cuff: State Of The Art In Diagnosis And Treatment". Journal Of Orthopaedics And Traumatology 17 (1): 7-14. doi:10.1007/s10195-015-0367-6.
- Kim, Min-Su, In-Woo Kim, Sanghyeon Lee, and Sang-Jin Shin. 2020. "Diagnosis And Treatment Of Calcific Tendinitis Of The Shoulder". Clinics In Shoulder And Elbow 23 (4): 210-216. doi:10.5397/cise.2020.00318.
- Darrieutort-Laffite, Christelle, Frédéric Blanchard, and Benoit Le Goff. 2018. "Calcific Tendonitis Of The Rotator Cuff: From Formation To Resorption". Joint Bone Spine 85 (6): 687-692. doi:10.1016/j.jbspin.2017.10.004.
- Merolla, Giovanni, Mahendar G. Bhat, Paolo Paladini, and Giuseppe Porcellini. 2015. "Complications Of Calcific Tendinitis Of The Shoulder: A Concise Review". Journal Of Orthopaedics And Traumatology 16 (3): 175-183. doi:10.1007/s10195-015-0339-x.
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