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Schulterinfo.ch - Sternoclavicular SC Joint - Dislocation

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Zusammenfassung

Die Sternoklavikulardislokation (SKD) ist eine unphysiologische Verschiebung des proximalen Schlüsselbeins, die häufig mit Hochrasanztraumata einhergehen und zu Schmerzen und/oder anderen Symptomen führt.

Die Luxation des Sternoklavikulargelenks folgt am häufigsten auf Verletzungen mit Aufprällen, wie es z. B. bei Verkehrsunfällen, Rugby, American Football und anderen Sportarten der Fall ist. Eine Dislokation ohne vorheriges Trauma tritt bei Patienten mit Kollagenmangelerkrankungen oder anatomischen Anomalien des Sternoklavikulargelenks auf. Darüber hinaus tritt dies auch sehr häufig im Alter auf und betrifft in der Regel die dominante Seite, wobei Frauen etwas häufiger betroffen sind als Männer.

Patienten, die an einer SKD leiden, können grob in zwei Gruppen eingeteilt werden. Anterior dislozierte SC-Gelenke verursachen eine schmerzhafte Schwellung lateral des Sternums, während posterior dislozierte SC-Gelenke eher Schmerzen im medialen Bereich des Schlüsselbeins verursachen. Zusätzlich können nach posterior dislozierte Sternoklavikulargelenke einen akuten Notfall darstellen, da sie das Mediastinum komprimieren und zu Dyspnoe, Dysphagie sowie vaskulären und neurologischen Defiziten führen können.

Ergänzend zur klinischen Untersuchung und zum Ultraschall wird zur Diagnosestellung die Röntgenbildgebung benötigt.

In den meisten Fällen werden SKD konservativ, mittels einer geschlossenen Reposition und anschließender Ruhigstellung des Arms, behandelt. Falls das Repositionsmanöver nicht durchgeführt werden kann, wird das Gelenk chirurgisch reponiert.

Allgemeines


Definition

Die Sternoklavikulargelenksluxation ist eine partielle oder vollständige Läsion des Bandapparates des Sternoklavikulargelenks mit Ablösung der proximalen Clavicula vom Sternum, welche mit Schmerzen oder Funktionsverlust einhergeht.

Ätiologie

Die Luxation des Sternoklavikulargelenks (SKG) kann sowohl traumatisch als auch atraumatisch in Erscheinung treten [1]. Obwohl die Gelenksfläche des Sternoklavikulargelenks vergleichsweise klein ist, wird die vermeintliche Instabilität durch den starken ligamentären Stützapparat kompensiert, was das SKG zu einem inhärent stabilen Gelenk macht [2]. In >80 % der Fälle ist die traumatische Luxation eine Folge von Verkehrsunfällen und Sportverletzungen [2, 3]. Die Verletzungsmechanismen sind daher in der Regel mit relativ hohen Kräften verbunden. Plötzliche Stösse auf den lateralen Aspekt der Schulter (indirekte Kompressionskraft), wie sie bei Verkehrsunfällen auftreten, oder ein direkter Schlag auf das Sternoklavikulargelenk können daher Grund für eine Luxation sein [2-4].

  • Traumatisch (hochenergetische Kollisionen)
    • Verkehrsunfälle
    • Sport
      • Rugby
      • American Football
      • usw.
  • Atraumatisch
    • Krankheiten mit Kollagendefiziten
    • Anomalien in der Anatomie der Clavicula
    • Abnorme Erregungsbildung in Muskeln
    • Benigne Subluxation
    • Status nach einer Entzündung im Gelenk

Darüber hinaus kann die SCJD nach der Richtung der Luxation eingeteilt werden:

  • Anteriore Dislokation
  • Posteriore Dislokation
  • Superiore Dislokation
  • Inferiore Dislokation

Die anteriore Luxation tritt 1,5- bis 9-mal wahrscheinlicher auf als die posteriore Luxation [4, 5]. Diese Zahlen lassen sich durch die Anatomie und Biomechanik des SKG erklären, da der anteriore Teil der sternoklavikulären Gelenkkapsel am schwächsten ist und Verletzungen am häufigsten auf eine laterale Kompressionskraft auf die Schulter zurückzuführen sind, was zu einer Ruptur der vorderen Kapsel führt [6]. Superiore und inferiore Dislokationen sind klinisch irrelevant und treten so selten auf, dass sie im Folgenden nicht behandelt werden. Obschon selten, kann die posteriore Luxation des Sternoklavikulargelenks eine potenziell lebensbedrohliche Gefahr darstellen, da die darunter liegenden mediastinalen Strukturen dabei komprimiert werden können [1-6].

Epidemiologie

Die SKD macht 3 % aller Dislokationen im Bereich der Schulter aus und ist damit eine eher seltene Verletzung [1]. Da das mediale Ende des Schlüsselbeins die letzte Epiphysenplatte ist, welche im Alter von 23-25 Jahren verknöchert, ist es bei Patienten unter diesem Alter wahrscheinlicher, dass sie sich eine Fraktur der medialen Epiphysenplatten der Clavicula zuziehen, was zu einer Pseudoluxation führt [1-3, 5].

Klinik


Patienten mit einem anterior dislozierten SKG weisen eine schmerzhafte Erhebung seitlich des Sternums auf, während Patienten mit einer posterioren Dislokation über noch stärkere Schmerzen der medialen Clavicula klagen und möglicherweise eine im Vergleich zur kontralateralen Seite weniger prominente mediale Clavicula haben [1, 6]. Sowohl die Schmerzen als auch die Deformität verschlimmern sich in der Regel in Rückenlage [2]. Zusätzliche Symptome bei posterior dislozierten SC-Gelenken sind keine Seltenheit. Etwa 33 % der Patienten berichten über Dyspnoe oder Dysphagie und etwa 15 % leiden unter Symptomen einer Gefäßkompression [4].

In beiden Fällen können Parästhesien, und/oder abgeschwächte Pulse, Zeichen einer venösen Stauung der oberen Extremität sowie ein adduzierter Arm in Form einer Schonhaltung auftreten [6].

Diagnose


Anamnese

Die Patienten beschreiben in der Regel ein traumatisches Ereignis im Zusammenhang mit einem Unfall oder Sport, wobei sie im Moment des Aufpralls ein Ploppen verspüren, welches von Schmerzen und einer Schwellung gefolgt wird [1]. Häufig wird die SKD nicht sofort diagnostiziert, weshalb sich die Patienten teils erst Tage oder Wochen nach dem initialen Trauma vorstellen.

Falls kein spezifisches Trauma in Erinnerung gerufen werden kann, sollte der Untersucher nach der Familienanamnese, anderen Anzeichen von Kollagendefiziten oder Muskeldeformitäten fragen.

Krankheitsspezifische Diagnose

Es gibt sichtbare Anzeichen, auf die der Untersucher bei der Diagnose der sternoklavikulären Dislokation besonders achten sollte, z. B. eine knöcherne Erhebung lateral des Sternums bei einer anterioren Luxation oder eine Vertiefung und ein Hämatom bei einer posterioren Luxation [2]. Diese Anzeichen sind jedoch meist nicht so eindeutig, da Schwellungen die klinische Beurteilung erschweren können [2]. Aufgrund der Nähe zum Plexus brachialis, von dem der Nervus ulnaris am häufigsten betroffen ist, sollte auch ein gründlicher neurovaskulärer Status durchgeführt werden [3].

Für eine genaue Diagnose der SKD ist eine Bildgebung erforderlich. Zunächst wird eine Röntgenaufnahme sowohl in ap- als auch in Serendipity-Ansicht durchgeführt, um eine allfällige Fraktur der Clavicula auszuschliessen [1]. Für eine 3D-Übersicht ist jedoch eine Computertomographie (CT) die beste Modalität [1]. Der Untersucher ist in der Lage, die Position des SKG, die Kompression mediastinaler Strukturen sowie mediale Schlüsselbeinfrakturen zu beurteilen, die auf Röntgenbildern aufgrund von Überlappungen möglicherweise schwer zu erkennen sind. Ein Fallbeispiel mit CT-Bildern kann auf Radiopedia gefunden werden.

Differentialdiagnose

  • Klavikulafraktur
  • Thoraxwandverletzung
  • Septisches Sternoklavikulargelenk
  • Pneumothorax
  • Bronchospasmus

Hinweis: Die Sternoklavikulardislokation ist eine seltene Pathologie. Ein SKD sollte in Betracht gezogen werden, wenn sich andere Differentialdiagnosen als falsch erwiesen haben oder die Umstände deutlich auf das Vorliegen einer Dislokation hinweisen.

Therapie


Eine Subluxation ohne Ruptur des Bandapparats des Sternoklavikulargelenks kann immer konservativ behandelt werden [1]. Die Patienten werden angewiesen, die betroffene Schulter mit einer Schlinge zu immobilisieren [1]. Zusätzlich wird empfohlen, bis zu sechs Wochen auf Kontaktsportarten zu verzichten und danach die Belastung der Schulter allmählich zu steigern [1].

Eine vollständige anteriore Luxation wird zunächst durch eine geschlossene Reposition behandelt [2]. Die Patienten werden gebeten, sich in Rückenlage auf den Untersuchungstisch zu legen, wobei der Arm in 90°-Abduktion gehalten wird. Unter Zug wird eine posteriore Kraft auf die mediale Clavicula ausgeübt, was zu einer Verlagerung des SKG führt. Der betroffene Arm wird bis zu sechs Wochen in einer Schlinge ruhiggestellt, um das Risiko einer erneuten Luxation zu verringern [1]. Falls Symptome wie Schmerzen oder Instabilität fortbestehen, kann eine operative Behandlung in Erwägung gezogen werden. Da die Risiken einer Operation jedoch häufig die Symptome des Patienten überwiegen, sollte die Beurteilung der Situation sorgfältig erfolgen.

Eine vollständige posteriore Luxation kann einen akuten Notfall darstellen. Eine sofortige geschlossene Reposition sollte so schnell wie möglich von einem erfahrenen Arzt durchgeführt werden, wobei sich ein Thoraxchirurg in Bereitschaft halten soll [7]. Das Manöver ist ähnlich wie bei der anterioren Luxation, aber statt von hinten gegen das Schlüsselbein zu drücken wird die Clavicula gegriffen und nach vorne gezogen. Bei einem anderen Manöver wird der betroffene Arm in eine "Cross-Body-Adduction-Position" gebracht, die als Zugkraft dient. Anschliessend wird eine nach hinten gerichtete Kraft auf die seitlichen Schulter ausgeübt, wobei die Clavicula als Hebel dient [6]. Hat sich die Reposition im CT als erfolgreich erwiesen, wird der Arm bis zu sechs Wochen in einer Schlinge immobilisiert. Wenn sich die geschlossene Reposition hingegen als nicht erfolgreich erweist oder die Symptome des Patienten fortbestehen, ist ein chirurgischer Eingriff erforderlich [7]. Es ist zu beachten, dass die operative Behandlung einer posterioren Sternoklavikulardislokation mit hohen Risiken verbunden ist. Aus diesem Grund muss ein Herz- und Gefäßchirurg zur Verfügung stehen [1]. Es gibt diverse Methoden zur Re-Stabilisierung des Sternoklavikulargelenks, wobei jede Methode für unterschiedliche Arten von zugrunde liegenden strukturellen Schäden geeignet ist. Nach erfolgreicher Operation wird der Arm für sechs Wochen in einer Schlinge immobilisiert. Die Rückkehr zu Kontaktsportarten ist in der Regel nach einer intensiven Rehabilitation von sechs Monaten möglich [1].

Prognose und Verlauf


In den meisten Fällen sind anterior dislozierte SC-Gelenke nach geschlossener Reposition instabil [2]. Die Patienten vertragen die Symptome jedoch im Allgemeinen gut. Im Gegensatz dazu sind posterior dislozierte SC-Gelenke nach einer geschlossenen Reposition tendenziell stabil [2]. Eine Meta-Analyse hat außerdem gezeigt, dass 92 % der Patienten nach einer geschlossenen Reposition einer posterioren Luxation eine vollständige schmerzfreie ROM ohne Redislokation erreichen [5].

Referenzen


  1. Hellwinkel, Justin E., Eric C. McCarty, and Morteza Khodaee. 2019. "Sports-Related Sternoclavicular Joint Injuries". The Physician And Sportsmedicine 47 (3): 253-261. doi:10.1080/00913847.2019.1568771.
  2. Groh, Gordon I., and Michael A. Wirth. 2011. "Management Of Traumatic Sternoclavicular Joint Injuries". American Academy Of Orthopaedic Surgeon 19 (1): 1-7. doi:10.5435/00124635-201101000-00001.
  3. Balcik, Brenden J., Aaron J. Monseau, and William Krantz. 2013. "Evaluation And Treatment Of Sternoclavicular, Clavicular, And Acromioclavicular Injuries". Primary Care: Clinics In Office Practice 40 (4): 911-923. doi:10.1016/j.pop.2013.08.008.
  4. Beckmann, Nicholas M., Latifa Sanhaji, Naga R. Chinapuvvula, and O. Clark West. 2019. "Imaging Of Traumatic Shoulder Girdle Injuries". Radiologic Clinics Of North America 57 (4): 809-822. doi:10.1016/j.rcl.2019.02.013.
  5. Tepolt, Frances, Patrick M. Carry, Patricia C. Heyn, and Nancy H. Miller. 2014. "Posterior Sternoclavicular Joint Injuries In The Adolescent Population". The American Journal Of Sports Medicine 42 (10): 2517-2524. doi:10.1177/0363546514523386.
  6. Morell, Daniel J, and David S Thyagarajan. 2016. "Sternoclavicular Joint Dislocation And Its Management: A Review Of The Literature". World Journal Of Orthopedics 7 (4): 244-250. doi:10.5312/wjo.v7.i4.244.
  7. Glass, Ericka R., James D. Thompson, Peter A. Cole, Trenton M. Gause, and Gregory T. Altman. 2011. "Treatment Of Sternoclavicular Joint Dislocations: A Systematic Review Of 251 Dislocations In 24 Case Series". Journal Of Trauma: Injury, Infection & Critical Care 70 (5): 1294-1298. doi:10.1097/ta.0b013e3182092c7b.
  8. Tamborrini G, Gut C, Schaefer DJ, Lardinois D. CME-Rheumatologie 11/Auflösung: Sternoclaviculäre Schwellung – immer ein Tietze-Syndrom? Praxis (Bern 1994). 2017;106(7):387-389. German. doi: 10.1024/1661-8157/a002637. PMID: 28357905



Links:

Pubmed

OrthoInfo

Radiopedia